Mit Spannung war die Uraufführung am Vorabend des Volkstrauertags durch die Chorgemeinschaft Musica Aglasterhausen 1989 e.V. in der katholischen Kirche von Aglasterhausen erwartet worden. Komponist war der Leiter des Chors, Diplom-Musiklehrer und Konzertsänger Edgar Rupp. Ein Werk mit ungewöhnlicher Besetzung hatte zahlreiche Zuhörer angelockt und für eine volle Kirche gesorgt: „Requiem für Soli, Chor, Harfe, Klavier, Gong, Xylophon und Rhythmusinstrumente.“
Eröffnet wurde das Konzert von der jungen Harfenistin Johanna Rupp, Preisträgerin des Wettbewerbs „Jugend-musiziert“ 2007 für Harfe Duo, mit der Sonate für Harfe (1938) von Paul Hindemith. Ihr klares und ausdrucksstarkes Spiel ließ das Stück zu einem großen Erlebnis werden. Nach dem 1.Satz („Mäßig schnell“) mit seinem deklamatorischen Charakter und dem virtuosen 2.Satz („Lebhaft“) schuf der 3.Satz („Lied“) inhaltlich den Übergang zum Requiem. Ein Gedicht liegt ihm zugrunde, in dem der Dichter L.H.Chr. Hölty erzählt von der Bitte des Harfners, seine kleine Harfe möge nach seinem Tod inmitten von Totenkränzen junger Mädchen, vom Wind bewegt, weiterspielen. Ein hoch romantisches Bild, übertragen in moderne Tonsprache, und faszinierend interpretiert von der jungen Künstlerin.
Vor Begin des Requiems erläuterte der Komponist kurz dessen Entstehungsgeschichte: Angeregt vom Gedicht eines Unbekannten auf dem Grabstein der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff wollte er zunächst deutsche Chorsätze für ein Konzert am Volkstrauertag komponieren. Er beschäftigte sich dann mit dem Eingangstext der lateinischen Totenmesse „Requiem aeternam, dona eis Domine“ – „Herr, gib ihnen die ewige Ruhe.“ Weitere Texte aus dieser Liturgie kamen hinzu und wurden ergänzt durch Bibelzitate und weitere freie eigene Texte. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf dem tröstenden Gedanken: Tod als Übergang zum Licht. Die Darstellung des Lichts wurde der Harfe, dem Instrument der Engel, zugeordnet, die in virtuoser Weise, neben dem Klavier als Begleitinstrument, den Instrumentalpart des Requiems bildet. Die seltenen Gongschläge symbolisieren die Macht des göttlichen Lichts, während die tiefen Xylophonstäbe für Kreuz und Tod stehen. Den für ein Requiem ungewöhnlichen Einsatz von Rassel, Klanghölzern und Bongos begründete der Komponist mit dem Gefühl der Hoffnung und Vorfreude auf das Ewige Leben. Konsequenterweise fehlen in diesem Requiem die Moll-Tonarten ebenso wie die düsteren Visionen von Weltgericht und ewiger Verdammnis. Es beginnt in As-Dur und endet in strahlendem A-Dur.
Die 22 Nummern des Requiems sind in drei Teilen zusammengefasst. Zwischen dem zweiten und dritten Teil wurde während der Aufführung zum Gedenken an die Verstorbenen die Totenglocke geläutet.
Die tragende Rolle in dseiner Komposition hat der Komponist dem Chor zugedacht, der bis auf eine Soloarie alle Stücke gestaltet oder mitgestaltet. „Mein eigner Tod, der macht mir keine Angst“, ein Choral mit Klavierbegleitung zu Beginn, wurde ebenso wie andere homophone Stücke sensibel und klangschön vorgetragen. Der Text stammt, wie der des Chorals „Herr, bei dir allein ist Ruhe“ aus der Feder von Edgar Rupp. Der polyphone Chorsatz „Requiem aeternam“ wurde vom Chor einem a-capella, dann mit Harfenbegleitung sicher gemeistert. In „Et lux perpetua“ kontrastierte das bewegte Spiel der Harfe mit dem ruhigen Bittgesang von Frauen- und Männerstimmen im Wechsel. Einen starken Gegensatz zu den getragenen Teilen des Requiems bildete „Te decet hymnus“ für Chor, Mezzosopran, Harfe, Klavier und Rasseln: ein rhythmisch prägnanter, beschwingter und swingender Lobgesang.
Die Eckpunkte des zweiten Teis, musikalisch fast identisch, gaben zwei Solostimmen Raum: In „Domine Jesu Christe“ dem Tenor und in „Pie Jesu“ dem Sopran. In den dazwischen erklingenden Stücken wetteiferten Duett (Tenor/Bass), Solistenquartett und „Kleiner Chor“ mit dem Gesamtchor. Einen Höhepunkt bildete „Hostias et preces“ für Chor, Solisten, Harfe, Bongos, Klanghölzer, Xylophon und Triangel: nach einer Generalpause verkündete der Solosopran in strahlender Höhe „Christ ist erstanden“ und in den Jubel des Chors hinein symbolisierte ein Triangel-Tremolo den Übergang vom Tod zum Leben. Schwungvoll und vorwärtsdrängend mit Synkopen und Taktwechseln intonierten kleiner und großer Chor im Wechsel den Gesang der himmlischen Heerscharen im „Sanctus“ und „Benedictus“.
Ruhepunkte im dritten Teil bildeten die Choräle „Herr, bei dir allein ist Ruhe“ und das in schlichter Volksliedmanier komponierte Gedicht vom Grabstein der Dichterin „Geliebte, wenn mein Geist geschieden“. Das Solistenquartett glänzte im eindringlichen „Agnus Dei“ ebenso wie in „Lux aeterna“, wobei die Frauenstimmen es gelegentlich nicht leicht hatten gegenüber den kräftigen Männerstimmen. „In Paradisum“ war musikalisch die Wiederholung des mitreißenden „Te decet hymnus“ aus dem ersten Teil. Im Lobgesang des Simeon streute die Harfe nocheinmal virtuos glissandierend Lichtstrahlen aus, ehe die Chöre „Requiem aeternam“ und „Et lux aeterna“, musikalisch identisch mit den Eingangschören das Werk beschlossen.
Mit langem Applaus dankten die Zuhörer allen Mitwirkenden: den Solisten Stefanie Kellner (Sopran), Sabine Polzin (Sopran), Hannelore Bauer (Mezzosopran), Martina Rupp (Alt), Günther Hußlik (Tenor), Edgar Rupp (Bass), den Instrumentalisten Johanna Rupp (Harfe), Martin Schreiner (Klavier), Ulrike Wunsch (Xylophon, Gong, Rassel, Klanghölzer), Sybille Fuchs (Bongos), dem Komponisten und Dirigenten Edgar Rupp und dem Chor. Letzterer zeigte sich hervorragend geschult in Bezug auf die Verständlichkeit der Texte. Hellwach und stets präsent meisterte er die Einsätze beim raschen Wechsel der Tempi, der Tonarten und Stimmungen. Das Konzert, das am Tag darauf in der evangelischen Kirche in Hüffenhardt wiederholt wurde, bildete sicher ein herausragendes Ereignis in der Arbeit der Chorgemeinschaft Musica und, wie der Zuspruch und die Zustimmung zeigten, auch im musikalischen Leben der Gemeinde Aglasterhausen. E.G.